
Persönlich bin ich ja ein Überzeugungstäter des Early Retirements. Klar, warum sonst betreibe ich diesen kleinen Blog mit der Adresse www.early-retirement.de. Mein Umfeld ist teilweise schon genervt von meinen Versuchen, alle von diesem Konzept zu überzeugen. Interessant sind dabei die Reaktionen… Einige wollen gar nichts davon wissen. Und den Grund dahinter vermute ich, dass dieses Konzept gegen scheinbar gültige Glaubensgrundsätze verstößt. Das ist aber mehr ein Thema für einen eigenen Blogpost. Andere hingegen sind von dem Konzept sehr angetan. Dass die staatliche Rente später vermutlich nicht ausreichen wird und auch das teuer finanzierte Eigenheim nicht zwangsläufig die Wildcard für einen angenehmen Lebensabend ist, hat sich mittlerweile aber auch herumgesprochen. Ist einmal Überzeugungsarbeit geleiset, kommt dann sehr schnell die Frage – „Und wie fange ich am besten an?“ Dazu habe ich mir bereits Gedanken gemacht und diese in den 5 Schritten ins Early Retirement zusammengefasst. Die absoluten Basics und meine empfohlenen Startpunkte könnt ihr dort noch einmal nachlesen. Hier nun aber die Praxistipps für die tatsächliche Geldanlage mit dem 5-Jahresplan.
Wichtig: Das ist natürlich keine Anlageberatung oder -empfehlung in irgendeiner Form. Mir ist auch bewusst, dass es noch ganz viele weitere Möglichkeiten gibt, die ich entweder nicht kenne oder mich nicht gut genug auskenne.
Geldanlage ist ein Business
Tipp: Nehmt euch Zeit für diese Tipps und arbeitet sie ganz bewusst sequentiell ab. Klar ist der Handel mit Rohstoff Terminkontrakten „aufregender“ oder ein cooleres Partygespräch. Vergesst aber nie, Geldanlage ist nicht aufregend. Es ist ein Geschäft. Ein Geschäft, für das der Kopf erst einmal mental trainiert werden muss. Daher nehme dir am besten für jeden Schritt 1 Jahr Zeit dich damit zu beschäftigen, einzulesen, es zu verstehen und auch anwenden.
Jahr 1: Überweise deine Sparrate auf ein separates Konto
Bevor du dich in die abgefahrenen und sicherlich auch spannenden Themen stürzt: Sorge für ein absolutes Basic und überweise deine ermittelte Sparquote auf ein eigenes Konto. Das ist psychologisch sehr wichtig, das Geld erst einmal wegzulegen, so dass du erst gar nicht in die Versuchung kommst den neuen 100 Zoll Fernseher zu kaufen. Und du wirst am Anfang viel Zeit brauchen, dein Humankapital über Anlagestrategien aufzubauen. Daher: Lege das Geld weg, lass es auf dem Sparbuch anhäufen und mach dir keine Gedanke um die Rendite. Ich würde auch kein übertriebenes Sparbuch-Hopping wegen 0.2% Zinsunterschied betreiben. Die Rendite kommt später noch von alleine.
Trotz der Einfachheit des Prinzips, würde ich das Jahr nicht zu sehr abkürzen. Spart und beschäftigt euch vielleicht schon einmal mit Jahr 2 und Jahr 3 aus dem 5-Jahresplan.
Jahr 2: Investiere am Kapitalmarkt
John C. Bogle hat der Menschheit ein großartiges Vehikel gegeben, unkompliziert und günstig am Aktienmarkt teilzunehmen: Den ETF. Mittlerweile kennt dieses Produkt so ziemlich jeder und es werden auch schon wieder abgefahrene neue Produkte darauf generiert. Vergesst das. Konzentriert euch auf die ursprüngliche Idee, die der Vanguard Gründer hatte: Den Anleger am Wachstum der Wirtschaft teilhaben zu lassen.
Dazu habe ich auch einen Basic Artikel geschrieben, in dem noch einmal die Basics und die Funktionsweise erklärt wird.
Jahr 3: Investiere in Unternehmen
Du hast dich vermutlich nun mit dem Kapitalmarkt und der Wirtschaft schon viel intensiver beschäftigt als jemals zuvor. Es kann nun sein, dass es dich juckt auch einmal in einzelne Firmen direkt zu investieren. Sei es in Form von reinen Wachstumsaktien wie Facebook oder in eher konservative Dividendentitel wie Coca-Cola. Beides hat seinen Charme, die Kombination macht es besonders.
Der besondere Reiz dabei ist für mich weniger die Aktienmärkte outzuperformen. Darum kümmere ich mich in Jahr 4+5. Es geht mir vor allem darum, in großartige Geschäftsideen zu investieren. Seit ich 2009 ein Jahr in den USA gelebt habe, nutze ich Amazon extrem. Das habe ich zwar auch schon in Deutschland genutzt, in Amerika war es damals aber schon viel weiter. Jede Kleinigkeit habe ich dort bestellt und war einfach begeistert von diesem Geschäftsmodell, da es dem Endkunden einfach einen riesigen Mehrwert gebracht hat. Aber was habe ich dabei vergessen? Die Aktie zu kaufen. Ich traue mich auch gar nicht nachzusehen, wie viel 1000 Euro heute wert wären, wenn ich diese im Sommer 2009 – nach der größten Finanzkrise ever – gekauft hätte. (Ich habe es dann doch nachgeschaut. 1.000 USD wären heute 76.000 USD wert!).
Wie fange ich am besten damit an?
Daher: Fangt an euch mit euren Lieblingsfirmen zu beschäftigen. Freut ihr euch auch im Asienurlaub, wenn ihr nach einigen gruseligen Esserlebnissen mal wieder einen Starbucks seht? Dann lest den Unternehmensbericht. Fangt an, euch mit der Analyse zu befassen. Und die kann am Anfang ganz einfach sein. Versucht z.B. einfach einmal abzuschätzen, wie hoch der Umsatz des Unternehmens in einigen Jahren sein wird. Dann bekommt ihr ein gutes Gefühl, ob die „Story“ des Unternehmens auch noch in Zukunft passt. Danach schaut ihr euch die Gewinne an. Danach die Schulden. Und dann erst, ob die Aktie gerade „billig oder teuer“ ist. Und zum Schluss dürft ihr euch auch mal einen Chart anschauen. In der Realität wette ich, schauen alle zuerst auf den Chart und machen den ganzen anderen „Kram“ vermutlich nie.
Eine tolle und junge Seite, mit sehr erfrischend geschrieben Analysen ist übrigens Alle Aktien.
Die Investitionen in Dividendenaktien hat den besonderen Reiz des sofortigen Cash-Flows. Lest hier noch einmal die Grundidee dazu noch.
Jahr 4: Veroptioniere deine Investitionen
Jetzt wird es schon spannender, denn wir werden nun zum aktiven Investor. Selbst wenn du mit Optionen nichts zu tun haben möchtest, empfehle ich dir dringend einen Teil deiner Aktien aus Jahr 4 über so genannte Cash-Secured-Puts zu kaufen.
Bevor wir zu tief in den Optionshandel einsteigen hier ein Beispiel:
Beispiel Coca-Cola
Coca-Cola notiert aktuell bei ca. 40 USD und du möchtest dir 100 Stück davon ins Depot legen. Du könntest die Aktie nun direkt kaufen oder du verkaufst einen „Cash-Secured-Put“.
Du verkaufst nun eine Put-Option mit dem Strike von $38 USD und einer Laufzeit von 3 Monaten und erhältst dafür eine Prämie von $50 USD. Jetzt gibt es 3 Möglichkeiten:
- Die Aktie steigt: Du hast die Aktie nicht bekommen, darfst aber die Prämie von $50 USD behalten
- Die Aktie stagniert oder fällt leicht, bleibt aber über dem Strike von $38 USD: Du bekommst die Aktie nicht, darfst aber die Prämie von $50 USD behalten
- Die Aktie fällt stark, sagen wir auf $35 USD. Jetzt wird es interessant. Du bekommst nach Ende der 3 Monate die Aktie nun „angedient“, d.h. du kaufst nun 100 Stück zu einem Strike-Price von $38 USD. Die Prämie von $50 USD erhältst du trotzdem. Das heißt am Ende hast du die Aktie für $38 * 100 = $3800 USD – $50 USD Prämie = $3750 USD gekauft
Im Fall 3 könnte man nun sagen, na super, ich habe zwar die Aktie für $3750 USD gekauft, sie steht nun aber schon bei $3500 USD und somit habe ich bereits einen Verlust von $250. Das stimmt, aber ursprünglich wolltest du die Aktie ja mit $4000 USD kaufen und damit einen viel größeren „Verlust“. Wobei das ja kein Verlust ist solange du es nicht realisierst. Das ist aber ein anderes Thema.
Du siehst, in 2 von 3 Fällen bekommst du eine Cashprämie und im dritten Fall die Aktie ein ganzes Stück günstiger, als du sie ursprünglich kaufen wolltest.
Was bringt das Ganze
In meinem Dividendenportfolio habe ich 2017 eine Dividenden Cash-Flow Rendite auf mein investiertes Kapital von 3.5% erzielt. Zusätzlich kamen die Einnahmen der Cash-Secured Puts dazu mit zusätzlich 1.7% Rendite. Und ich war hier sehr konservativ unterwegs. Ich kenne Händler, die ihre Dividendenrendite mehr als verdoppeln konnten. Das ist aber eine Frage des eigenen Geschicks und auch der Risikobereitschaft. Die Key-Message ist: Mit sehr wenig Aufwand lässt sich in meinem Beispiel die Rendite um fast 50% steigern!
Bevor du jetzt aber losläufst und blind Aktienoptionen im Markt verkaufst, empfehle ich dir ganz dringend dich mit dem Thema intensiv zu beschäftigen. Ein guter Start dafür ist das Buch von Peter Putz – Strategisch investieren in Aktienoptionen* aus unseren Buchempfehlungen. Aber nun zum letzten Schritt im 5-Jahresplan.
5. Königsklasse Optionen und Futures
Jetzt wird es richtig interessant, denn nun gehen wir in die Königsklasse der Anlageformen. Nochmals erwähnt, das ist meine persönliche Königsklasse. Es gibt auch gute Währungs- oder Anleihenhändler oder auch ausgefuchste Immobilieninvestoren.
Neben Cash-Secured Puts im Aktienmarkt kannst du auch im Future Markt agieren, entweder mit Optionen oder du handelst einen Future direkt.
Was sind Futures überhaupt
Futures oder Terminkontrakte sind Finanzderivate. Dabei handelt es sich um einen Vertrag, in der 2 Seiten einen Deal über die Art des Produktes, seine Menge, seine Qualität, seinen Verkaufspreis und die Lieferart abschließen.
Klingt ziemlich abstrakt, machen wir ein Beispiel: Der Weizenbauer Manfred möchte seinen Weizen verkaufen. Er wächst und gedeiht prächtig, Manfred befürchtet daher, dass es diesen Sommer ein Überangebot an Weizen geben wird, so dass die Preise fallen werden. Manfred möchte sich daher bereits heute seinen Verkaufspreis sichern. Er verkauft daher einen Future über eine gewisse Menge und Art von Weizen mit einer Restlaufzeit von 5 Monaten zu einem fixen Verkaufspreis. Es kommt wie erwartet und alle Bauern fahren nach 5 Monaten eine bombastische Ernte ein und der Preis von Weizen ist um 20% gefallen. Nicht für Manfred, denn er hat sich ja bereits vor 5 Monaten seinen Verkaufspreis gesichert und liefert nun den versprochenen Weizen.
Wie können wir daran Geld verdienen?
In der Realität ist das Thema natürlich viel komplexer. Wie können wir nun aber daran verdienen? Bei Futures gibt es in der Regel 2 Händlergruppen: Kommerzielle (Hersteller und Verbraucher wie Nestle, Starbucks…) und Spekulanten (Banken, wir). Bevor hier nun eine Kapitalismuskritik losgeht: beide Gruppen sind wichtig für den Markt. Sonst funktioniert er nicht. Die Kommerziellen nutzen diesen Markt, um ihre Rohstoffe zu erwerben oder zu hedgen, die sie für ihr Geschäft brauchen. Die Spekulanten hingegen verdienen Geld in dem sie z.B. möglichst günstig Weizen kaufen und möglichst teuer wieder verkaufen. Oder umgekehrt.
Und das Ganze funktioniert am Ende auch mit Optionshandel. Das heißt analog zum Aktienmarkt könnt ihr auch auf Futures Optionen handeln.
Es handelt sich für mich um die Königsklasse, die aber gar nicht so schwer zu durchsteigen ist, wenn man sich damit etwas ausführlicher beschäftigt.
Wenn ihr euch damit beschäftigen wollt kann ich euch das Buch von Carley Garner* sehr empfehlen.
Am Ende ist es auch Arbeit
Ich hätte zu Beginn des Artikels nicht gedacht, dass er über 1500 Wörter hat und trotzdem jedes Thema nur ganz grob angerissen ist. Es ist am Ende auch viel Arbeit, sich mit den Themen ausführlich zu befassen. Wenn ihr dazu etwas Motivation braucht, habe ich ein tolles Video auf Youtube dazu gesehen. Ich selbst beschäftige mich mit dem Thema Investment seit 2010, intensiver seit 2013 und strukturiert seit 2015. Ich hatte dabei keine Reihenfolge oder Struktur sondern bin blind von Buch zu Buch geflogen. Wenn ich den 5-Jahresplan von oben im Hinterkopf gehabt hätte, hätte mir das einiges an Zeit und Geld erspart.
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